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Nachrichten aus Deutschland und der Welt vom 31. Dezember 1996

Erwärmende Comics für kalte Wintertage

Erotik zwischen Gespür und Selbstzensur

Stuttgart (ddpADN) Unter der Vielzahl von Comic-Genres finden sich immer wieder auch künstlerisch gestaltete Erzählungen erotischer Begegnungen. Dabei gehört manchmal sicher eine Portion verlegerisches Gespür - wenn nicht sogar Selbstzensur - dazu, gerade diese Werke einer möglichen Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zu entziehen und sie auf dem Buchmarkt zu etablieren.

Rechtzeitig zu den kalten Wintertagen sind jetzt in der Ehapa Comic Collection, Stuttgart, und in der Edition Kunst der Comics, Sonneberg, erotische Comics erschienen, die wohl eine sehr unterschiedliche Klientel bedienen werden. Mit dem Band "Verkehr frivol" setzt die Edition Kunst der Comics eine Reihe mit Sammelbänden fort, in der sich immer wieder die Creme de la creme der internationalen Comic-Szene ein Stelldichein gibt (bisher erschienen Dessous Frivol, Weihnachten Frivol). Im aktuellen Band sind gezeichnete Kurzgeschichten unter anderem von Annie Goetzinger ("Die Diva"), Georges Pichard ("Paulette"), Jean-Claude Forest ("Barbarella") und Jacques de Loustal ("Besame Mucho") versammelt. Mit einem vom selben Verlag als Hardcore-Porno annoncierten Werk versucht sich jetzt auch der Zeichner Jean Giraud, besser bekannt als Moebius, zusammen mit dem gefragten Szenaristen Alexandro Jodorowsky in dieser Sparte. Die beiden Männer haben in "Des Engels Kralle" ihren offenbar geschlechtsspezifischen Phantasien freien Lauf gelassen. Herausgekommen ist dabei eine Erzählung über eine junge Frau auf der Suche nach ihrer Identität, deren Banalität wohl durch psychologisierenden Tiefgang kaschiert werden soll.

Weniger hart, aber um so poetischer erzählen Max Cabanes und Sylvie Brasquet in dem im Ehapa Verlag erschienenen Band "Flirts" acht Episoden aus dem Liebesleben der 15 jährigen Pascale, von Nonnen an einem katholischen Mädchengymnasium erzogen.

Mit seiner nuancenreichen Aquarelltechnik und einem realistischen Federstrich vermittelt Cabanes dabei einen Einblick in die französische Gesellschaft der 70er Jahre, zerrissen zwischen althergebrachten Moralvorstellungen und der neuen Freiheit der 68er Generation.

Schweriner Volkszeitung online, 1998